Dank der umfangreichen Recherchen von Peter Käser gerät der Flug der Lufthansa Maschine die am 21. April 1945 zwischen Jesenkofen und Piesenkofen abstürzte nicht in Vergessenheit. Zum Jahrestag erschienen mehrere Artikel dazu in den regionalen Zeitungen. So berichtet er auch über den Dokumentarfilm von Dirk Pohlmann, der die Hintergründe des Absturzes aus anderer Sicht beleuchtet.
Der Absturz
Es war der letzte Flug der Lufthansa aus Berlin. Nachdem die Russen Berlin und das Rollfeld des Flughafens Berlin-Tempelhof unter Beschuss genommen hatten, wurden die Lufthansabüros aufgelöst und nach München verlegt. Der letzte Flug aus Berlin unter Flugzeugführer August Künstle nach München mit Weiterflug nach Spanien erfolgte in den Abendstunden des 21. April. Die viermotorige Condor D-ASHH „Hessen“ vom Typ 200B-2 war zu dieser Zeit das beste Langstreckenflugzeug Europas.
Das Wetter jener Nacht war denkbar schlecht: Nord-West-Sturm und starke Vereisung. Ein letzter Funkspruch wird um 22.07 Uhr aufgefangen: „Senden Sie Peilzeichen!“ Nach Sendung von 3 Peilzeichen bricht der Funkverkehr abrupt ab. Am späten Abend beobachten die Einwohner von Jesenkofen bis Egglkofen ein brennendes, einen Feuerschweif nachziehendes, laut dröhnendes Flugzeug am Himmel. Beim Absturz wird der linke äußere Motor der Maschine abgesprengt, ein Stück Tragfläche landet in der Wiese. Die Maschine selbst stürzt in das Waldstück an der niederbayerisch/oberbayerischen Grenze. Hier endete vierzehn Tage vor Kriegsende, am 21. April 1945 der Flug für etwa 25 Menschen.
Zwei Attaché-Ledertaschen mit Inhalt werden dem NSDAP-Ortsgruppenführer in Egglkofen übergeben. Am 24. April protokolliert ein Neumarkter Polizist an der Unfallstelle: „Teile von etwa 5 Leichen, sämtliche bis auf geringe Reste verkohlt.“ Ungeachtet dieser Unterlagen sind nicht alle Passagiere dieses letzten Lufthansa-Fluges zum damaligen Zeitpunkt identifiziert. Die Kriminalaussenstelle Mühldorf kommt am 13. Februar 1952 an eine umfangreiche Personalliste der beim Absturz Getöteten.
Bei der Exhumierung der 25 Toten, die 1945 direkt an der Unfallstelle begraben, und 1952 auf den Friedhof in Tegernbach umgebettet worden waren, fehlen die Schädel. Die Vermutungen dazu: Die amerikanischen Besatzungstruppen kommen am 1./2. Mai 1945 an die Absturzstelle und gehen davon aus, dass sich hochrangige Nazigrößen an Bord befunden haben. Die Schädel werden zur Beweisaufnahme sichergestellt.
Zum 60. Jahrestag
des Absturzes besuchten viele Hinterbliebene u.a. aus dem Allgäu und Stuttgart die Absturzstelle sowie das Grab in Tegernbach. Der 70-jährige Karl Vrany steht nun zum ersten Mal am Grab seines abgestürzten Vaters. Er besucht die Absturzstelle und bricht in Tränen aus. Dr. Bernd Leisse, sein Vater war bei der Exhumierung seines abgestürzten Bruders dabei, überbringt Informationen, Reden werden gehalten. Drei Zeitzeugen sind anwesend als Schmiedemeister Josef Scheidhammer aus Jesenkofen eine von ihm gefertigte Bronzestele enthüllt, die jetzt an der Absturzstelle steht. Das Waldstück gehörte einst seinem Großvater.
2005 besucht ein Redakteur des Stuttgarter Südwestfunkes die Absturzstelle und interviewt Zeitzeugen, auch Lorenz Scheidhammer, der bisher nie Einzelheiten darüber erzählt hatte.
Die Tochter des abgestürzten Funkers Willi Kröger, kommt im September 2007 aus Oregon und möchte vor ihrem Tode noch einmal an die Absturzstelle und zum Grab des Vaters. Sie spricht die Worte: „Das innere Bewusstsein lässt einem keine Ruhe, bis man an die Wurzeln kommt.“
So sind wie sie im Laufe der Jahre immer wieder Angehörige gekommen, um Absturzstelle und Grab zu besuchen.
Neue Erkenntnisse durch Freigabe alter Akten
In einer der beim Absturz gefundenen Attaché-Taschen liegt der Ausweis von E. Steimle, damals Chef des Reichssicherheitshauptamtes. Steimle war jedoch nicht in dem Flugzeug, sondern wartete in Berlin auf das Kriegsende. Er lässt sich ohne Pass von den Amerikanern gefangen nehmen. Anhand jüngst freigegebener Akten skizziert der Dokumentarfilm von Pohlmann das erste Mal ein weltumspannendes Netzwerk, das weit in die Machtstruktur der BRD reichte.
Der Film rekonstruiert eine bisher unbekannte Dimension des Bündnisses zwischen Nazis und der CIA im Kalten Krieg. In den Verhandlungsschriften zum Absturz der „Hessen“, die vom Januar 1953 stammen, wird davon ausgegangen, dass der SS Sturmbandführer E. Steimle bei dem Flug dabei war, was jedoch nicht belegt ist.
Pohlmann schreibt, den bisher unbekannten US-Untersuchungsbericht zum „Condor“-Absturz habe er in den National Archives ausfindig machen können.
Den Dokumentarfilm von Dirk Pohlmann kann man im Internet anschauen.
Quelle: Berichte von Peter Käser in der Vilsbiburger Zeitung und Vilstalbote